In den Straßen von Tokio, 18 Uhr am Abend. Nach der Arbeit betrete ich ein Sento, ein traditionelles öffentliches Badehaus, und überreiche der älteren Dame am Empfang 500 Yen. Im Umkleideraum hängt ein Gemälde des Fuji. Im Badebereich plaudern die Stammgäste über den Tag: „Mann, war das heute heiß.“
Am Wochenende besuchte ich hingegen ein Onsen in Hakone. Der Eintrittspreis beträgt 1.200 Yen. Vom Außenbecken aus erstreckt sich ein Blick auf die Berge, und der Duft von Schwefel liegt in der Luft. Das Quellwasser sprudelt aus der Quelle. Niemand spricht. Man genießt still das Bad und lauscht den Klängen der Natur.
Obwohl beide Orte dem Baden dienen, sind die Unterschiede bemerkenswert. In diesem Artikel erkläre ich die Unterschiede zwischen Onsen und Sento anhand meiner eigenen Erfahrungen.
Der grundlegendste Unterschied: Das Wasser
Der wesentlichste Unterschied zwischen Onsen und Sento liegt im verwendeten Wasser.
Onsen nutzen natürliches Grundwasser, das tief aus der Erde sprudelt. Über Jahrtausende durchdringt es Gesteinsschichten und reichert sich mit verschiedenen Mineralien an. Das japanische Onsen-Gesetz schreibt vor, dass das Wasser eine Temperatur von mindestens 25°C haben oder bestimmte Inhaltsstoffe enthalten muss.
Als ich zum ersten Mal in einem echten Onsen mit Quellwasser badete, war ich von der Textur des Wassers überrascht. Es haftete an der Haut, der Schwefelgeruch war intensiv, und um die Quelle herum bildeten sich weiße Kristalle. „Das ist lebendiges Wasser“, dachte ich.
Im Gegensatz dazu erhitzen Sentos Leitungswasser. Es wird in einem Boiler auf 40–42°C erhitzt. Es enthält keine besonderen Inhaltsstoffe. Es ist einfach sauberes, erhitztes Wasser.
Doch sollte man dieses „einfache heiße Wasser“ nicht unterschätzen. Sentos haben ihren eigenen Charme.
Die Bedeutung des Preises von 500 Yen
Der Eintrittspreis für ein Sento beträgt in Tokio 500 Yen. In Osaka und Kyoto sind es 490 Yen. Die Preise sind in jeder Präfektur einheitlich festgelegt.
Warum einheitliche Preise? Weil Sentos als „Lebensinfrastruktur“ angesehen werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten viele Haushalte in Japan kein eigenes Bad. Sentos waren unverzichtbar, damit die Anwohner sich waschen konnten. Daher mussten die Preise niedrig gehalten werden, damit jeder sie nutzen konnte.
Diese Philosophie wird bis heute fortgeführt. Die Preise der Sentos sind ein Überbleibsel der Preisregulierung. Egal welches Sento man besucht, der Preis ist derselbe. Diese Sicherheit ist einer der Reize von Sentos.
Onsen hingegen können ihre Preise frei festlegen. Es gibt geheime Bäder für 500 Yen und luxuriöse Onsen-Hotels für 5.000 Yen. Die Wasserqualität, Ausstattung und Lage spiegeln sich im Preis wider.
In meiner Erfahrung korreliert der Preis nicht immer mit der Qualität des Onsen. In den Bergen von Tohoku besuchte ich ein kleines Onsen für 300 Yen. Das Gebäude war alt und heruntergekommen, aber das Quellwasser war erstaunlich.
Die Wandmalereien in Sentos und die Naturkulisse in Onsens
Betritt man ein Sento, fällt sofort das Wandgemälde des Fuji ins Auge.
Dies ist ein Symbol der japanischen Sento-Kultur. In der Showa-Zeit malten Sento-Künstler Landschaften direkt an die Wände der Badehäuser. Der Fuji, Kiefernwälder, das Meer, Wasserfälle – die ursprünglichen Landschaften Japans.
In einem Sento in Tokio bemerkte ein älterer Herr: „Seit ich ein Kind war, hat sich dieser Fuji nicht verändert.“ Die Wandmalereien sind ein zeitloses Gedächtnis.
In einem Onsen hingegen ist die „Malerei“ die echte Natur. Die Berge vom Außenbecken aus, das Rauschen des Flusses, der Sternenhimmel. Das kann keine Farbe nachahmen.
In einem Onsen in Hakone, während ich das Herbstlaub betrachtete, war die Schönheit unübertroffen. Onsens sind Orte, um die Natur zu genießen.
Sentos als Wohnzimmer der Gemeinschaft
In einem Sento hört man die Gespräche der Stammgäste.
„Wie geht es deinem Rücken?“ „Dank dir, viel besser.“ „Das freut mich.“
Sie besuchen das Sento drei- bis viermal die Woche. Sie werden zu Bekannten und plaudern. Sentos sind Gemeinschaftsorte.
Die Dame am Empfang kennt die Namen aller Stammgäste. „Heute ist Herr X nicht da, hat er sich erkältet?“ Diese Fürsorge macht die Wärme eines Sento aus.
Seit ich zweimal die Woche ein Sento in meiner Nähe besuche, kenne ich die Stammgäste. Anfangs grüßten wir uns nur, jetzt plaudern wir im Becken. Sie erzählten mir von der Geschichte und Kultur der Gegend. Sentos sind auch Orte des Wissens.
Im Gegensatz dazu sind Onsens Orte des „Außergewöhnlichen“. Touristen besuchen, genießen das Bad in Ruhe und gehen wieder. Gespräche sind selten. Jeder genießt seine Zeit. Diese Anonymität ist auch ein Reiz von Onsens.
Das Wunder der Onsen-Sentos
In Tokio gibt es etwa 20 „Onsen-Sentos“. Hier kann man für den Sento-Preis (500 Yen) echtes Onsen-Wasser genießen.
Als ich davon hörte, zweifelte ich: „Kann das wirklich sein?“ Doch als ich es besuchte, war ich überrascht. Es war echt.
Inariyu in Ota-ku. Für 500 Yen betrat ich das Bad und fand es mit schwarzem Onsen-Wasser gefüllt. Dies ist das sogenannte „Kuroyu“, ein einzigartiges Onsen in Tokio. Es enthält organische Pflanzenstoffe und ist braun gefärbt. Es ist sanft zur Haut und hält den Körper auch nach dem Bad warm.
„Das für 500 Yen?“ Ich war beeindruckt. Onsen-Sentos sind ein Wunder der japanischen Badekultur.
Die Großartigkeit der Onsen-Sentos liegt in der Verschmelzung von Alltag und Außergewöhnlichem. Sie befinden sich in Wohngebieten, haben eine bodenständige Atmosphäre, aber das Becken ist mit echtem Onsen-Wasser gefüllt. Man genießt die Gemeinschaft eines Sentos und die Wirkung eines Onsens.
Die Freude an der Vielfalt
Es geht nicht darum, ob Onsen oder Sento besser ist. Beide sind für unterschiedliche Zwecke und Situationen geeignet.
An einem Wochentag nach der Arbeit: Ein Sento in der Nähe. Für 500 Yen in ein großes Becken eintauchen und mit den Stammgästen plaudern. In 30 Minuten sind Körper und Geist erfrischt.
Am Wochenende zur Erholung: Ein Onsen in der Umgebung. In Quellwasser eintauchen und die Natur genießen. Vom Alltag abschalten und tief entspannen.
Onsen-Feeling in Tokio: Ein Onsen-Sento. Für 500 Yen echtes Onsen-Wasser genießen und das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis schätzen.
Ich nutze diese drei je nach Situation. Sentos sind Alltag, Onsens sind Außergewöhnliches, Onsen-Sentos sind dazwischen. Alle bereichern das Leben.
Die Vielfalt der japanischen Badekultur
Durch das Verständnis der Unterschiede zwischen Onsen und Sento wird die Vielfalt der japanischen Badekultur sichtbar.
Onsens sind eine Kultur, die die Gaben der Natur genießt und Körper und Geist heilt. Sie haben eine über tausendjährige Geschichte und haben die Heilungskultur der „Toji“ gefördert.
Sentos unterstützen das Leben der Menschen und bilden Gemeinschaften. Sie haben das Nachkriegsjapan unterstützt und bewahren bis heute die Bindungen der Gemeinschaft.
Und Onsen-Sentos sind eine einzigartige Kultur, die das Beste aus beiden Welten vereint.
Wenn Sie Japan besuchen, sollten Sie nicht nur Onsens, sondern auch Sentos erleben. Mit 500 Yen in der Hand durch das Noren eines Sento in einer Altstadt gehen. Die Dame am Empfang begrüßen und beim Anblick des Fuji-Gemäldes ins Becken eintauchen. Auch das ist ein Teil der japanischen Badekultur.
Die außergewöhnliche Entspannung eines Onsens und die alltägliche Wärme eines Sentos. Durch das Kennenlernen beider wird das Gesamtbild der japanischen Badekultur sichtbar. Und diese Vielfalt ist der Reichtum der japanischen Badekultur.
